Woburn Bay

Nach etwas mehr drei Wochen wollen wir wieder mal ein Stückchen weiter ziehen. Beim Ankeraufholen wird klar, dass es höchste Zeit ist. Unsere Kette sieht wie ein Fuchsschwanz aus. Langfaserige Algen besetzen die ersten 12m und halten sich eisern fest. Thomas schrubbt fast 2 Stunden. Zwei Bürsten (eine Wurzel- und eine Messingbürste) lassen bei der Aktion ihr Leben. Dann können wir endlich los. Es soll dieses Mal nur ein kurzes Stück nach Osten gehen. Wir hoffen dort etwas ruhiger zu liegen, da die Prickly Bay doch sehr schaukelig ist. Wind und Wellen kommen leider genau von vorne, so dass wir die 6sm an den Riffen vorbeimotoren. 

Neben der Einfahrt zur Woburn Bay liegt Calivigny Island, eine private Insel mit einem exklusiven Luxussresort. 

Wenn ich wieder ganz wasserdicht bin, wollen wir uns mal den Strand ansehen, denn Strände sind per Gesetz in Grenada immer für jedermann zugänglich. 

Wir kurven noch fast eine Stunde durch die mit reichlich Moorings bestückte Bucht, bis wir ein gutes Plätzchen für unseren Anker finden. Wie in Abrahams Schoß liegen wir dort. Durch die vorgelagerten Riffe werden die langen Atlantikwellen gebrochen und hier fühlt es sich an, wie auf einem Binnensee. Da können wir ohne Schaukelei ganz in Ruhe unseren Außenbordmotor zerlegen und mit neuem Öl versorgen.

Durch Zufall entdecken wir auf einer der TO-WhatsApp-Gruppen eine andere deutsche Yacht, ganz in unserer Nähe. Wir schreiben sie direkt an und am nächsten Nachmittag haben wir Kaffeebesuch. Die Sonne geht schon fast wieder unter, als sich Svenja und Peter wieder auf den Weg zu ihrer „Sérénité“ machen.

In den nächsten Tagen erkunden wir Stück für Stück die Umgebung. Erst mit dem Dinghi, dann zu Fuß an Land. Auf der westlichen Seite der Bucht ist die „Clarkes Court Boatyard & Marina“. Dort gibt es hauptsächlich Landplätze, die schon gut mit Yachten gefüllt sind. Jedes Boot ist zusätzlich mit 4 großen Betonklötzen gegen Sturm gesichert. Da die meisten Schiffe mit dem Heck im Wind stehen, hören wir Rasmus vor allem nachts heulen, wenn er sich in den Mastkeepen fängt. Das klingt teilweise sehr schaurig. Eine Deutsche betreibt in der Marina einen kleinen Waschsevice. Für 20 EC bekommen wir unsere Müffelwäsche sehr blumig und sauber wieder zurück. Zum Trocknen kommt sie auf der Seestern in die Sonne.

Der Ort Woburn, auf der gegenüberliegenden Seite, wirkt fast verschlafen. Wie weit er sich um Berg und Tal zieht, sehen wir erst, als wir mit dem Bus in die Stadt fahren. 

Wir finden fußläufig einen kleinen Laden, der so typisch karibisch, von Allem etwas anbietet. 

Am Ende der Bucht mündet ein Bach und färbt den ersten Teil des Wassers braun. Unser Schiffchen schaukelt im grünlichen Wasser. Das lädt nicht so richtig zum Baden ein und fördert den Bewuchs an Ankerkette und auch auf dem Kupferanstrich. Das macht, dass wir uns hier nicht so wirklich wohlfühlen. Nach vier Tagen suchen wir uns einen Platz etwas weiter draußen. Hier ist das Wasser wenigstens etwas klarer und ich kann das erste Schwimmen mit verheiltem Bein genießen. Dafür schaukelt es hier wieder etwas mehr. Irgendetwas ist eben immer.

Donnerstags treffen sich in „Nimrod’s Bar“ einige Segler und Einheimische der Bucht zur Jam-Session. Die „ Nina‘s“ hatten uns empfohlen, dort unbedingt einmal vorbei zu schauen. Das wird ein bunter Abend mit viel Musik und leckerem Essen. Die Menschen auf der Bühne unter dem riesigen Brotfruchtbaum haben richtig Spaß bei ihren Darbietungen und unterstützen sich gegenseitig mit Instrumenten und Stimmen … Ein toller Abend!

Nun wollen wir noch den „Biofilm“ von unserem Unterwasserschiff entfernen. Also Tauchkompressor raus, Flossen, Brille, Kappe und Bleigürtel bereitgelegt. Schön, wenn es immer so fix gehen würde. Ich bin inzwischen fertig präpariert und schwitze in der Sonne, da sagt der Kompressor, dass ihm lieber nach Wellness ist. Er streikt und Thomas fängt an zu basteln. Ich versuche mich inzwischen mit dem Schnorchel, um schon das erste Stück frei zu schrubben. Der grünbraune Belag lässt sich gut entfernen. Wie eine Matte kann ich es runterschieben. Mit dem Kettenhandschuh reibe ich noch einmal nach, damit wieder neue Kupferpartikel freigelegt werden und der Bewuchs nicht ganz so schnell nachwächst. Leider ist das Wasser hier doch ziemlich trübe, was bei meiner Arbeit auch nicht gerade besser wird. Als unter dem Kiel plötzlich ein Schwarm Fische zum Festmahl auftaucht , bekomme ich einen Riesenschreck! Aber offensichtlich sind die etwa fußgroßen Meeresbewohner auf den abgeschabten Bewuchs scharf. Nach einer guten halben Stunde, ich habe etwa die Hälfte der Steuerbordseite geschafft, brauche ich eine Pause. Mit dem Schnorchel, in den doch gelegentlich eine Welle hineinschwappt, ist es ziemlich anstrengend. Thomas hat inzwischen herausgefunden, was der Kompressor hat. Ein kleines Ersatzteil holen wir uns bei „Treasure Trove“, einem Laden mit überwiegend gebrauchten Marineartikeln. Es ist erstaunlich, was es auf der vollgestopften Ladenfläche alles zu entdecken gibt. Es dauert gar nicht lange und Thomas ist soweit in die Auslagen abgetaucht, dass ich ihn fast nicht mehr finde. Dabei habe ich nur kurz in den Büchern gestöbert …

Jetzt kann mit Profiausrüstung weiter gearbeitet werden. Thomas ist am Nachmittag 1,5 Stunden unter dem Schiff und arbeitet sich an der von mir begonnenen Seite bis unter den Kiel entlang. Wahnsinn, wie das Zeugs in dem warmen Wasser wächst. Das letzte Mal hatten wir in Union Island alles gesäubert, das ist jetzt ca. 8 Wochen her. Zum Glück sitzt es nicht so fest, wie auf der Ankerkette. Jetzt brauchen wir erstmal wieder ein paar Stunden Sonne, um unsere Batterien zu laden. 

Damit die Sonne in Ruhe arbeiten kann, machen wir einen Ausflug nach Calivigny Island, der Privatinsel. Wie ein botanischer Garten wirkt die verwaiste Anlage mit ihren vielen verschiedenen Palmen.  Exotische Vogelstimmen sind in der Ferne zu hören. Fast weiß scheint der sauber geharkte Strand. Das ist sicher ein schönes Ambiente, wenn jemand tropische Einsamkeit sucht. Man munkelt, dass das kleine Paradies „nur“ 130.000US$ pro Tag/Nacht kosten soll …

Die Phare Bleu Marina, nur eine Ecke weiter, hat auch irgendwie Postkartenambiente. Namensgeber ist ein altes schwedisches Feuerschiff, das als Marinaoffice dient und ein winziges Museum beherbergt. In der Bungalowsiedlung gibt es ein paar exklusive Geschäfte, wie den „meet&meat“. So eine große Auswahl an hochwertigen Fleisch- und Wurstwaren aus aller Welt haben wir schon lange nicht mehr gesehen.

Am Nachmittag folgt die Reinigung der Backbordseite und morgen geht’s zurück in die Prickly Bay.

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