River Antoine Rum Distillery

Mit dem Fäden ziehen ist meine Wade leider noch nicht wieder heil. Es zieht sich ganz schön, bis so eine tiefe Wunde verheilt …

Da wir nach 3 Wochen nun langsam einen Bordkoller bekommen, beschließen wir an einem halbwegs bedeckten Tag eine Busfahrt zu unternehmen. Wir stellen uns mal wieder den Wecker um wenigstens zur Hinfahrt noch etwas kühlere Luft zu haben. Vom zentralen Busplatz geht es mit der Linie 6 ziemlich weit in den Norden. Vorbei an kleinen, kunterbunten Siedlungen und dichten, alle Schattierungen von grün aufweisenden Wäldern kommen wir nach Grenville. Dort gibt’s wieder einen großen Busplatz. Die Linie 9 schafft uns noch ein kleines Stückchen weiter in nördliche Richtung bis Tivoli. Von dort ist es nur noch ein kleines Stück zu laufen. Rechts und links des Weges sind schon einige Zuckerrohrfelder.

Gerade, als Thomas denkt, wir sind verkehrt, weil so rein gar nichts zu hören ist, taucht vor uns ein großes Haus auf. Durch die verwitterten Reste eines Tores führt ein Weg, der mit Zuckerrohrstückchen „dekoriert“ ist. Das wird es wohl sein. Nach ein paar Metern taucht auch die Brennerei auf. Zu hören ist noch immer nichts, denn die fast 250 Jahre alte Zuckerrohrpresse wird fast lautlos von einem Wasserrad betrieben.

Inmitten eines tropischen Obstgartens wurde die kleine Distilliery seit Ende des 18. Jahrhundert zuerst von den französischen, später von den britischen Besitzern und heute von der „R.D.F. Enterprises Ltd.“ betrieben. Als wir die Produktionsstätte betreten, machen wir eine Zeitreise. Neben einer Sammlung alter Fässer sitzen ein paar Frauen unter einem Dach und kleben Etiketten auf Flaschen. Eine der Damen kassiert unser Eintrittgeld (20EC, inklusive Führung für uns beide) und organisiert eine kompetente Begleitung für uns. Gerade, als wir um die Ecke kommen, fährt ein kleiner Laster mit einer großen Ladung Zuckerrohr vor die Rampe. Nun können wir den Prozess von Anfang an studieren. 

Hier wird wirklich noch jeder Arbeitsschritt von Hand ausgeführt. Zweimal wird das geerntete Zuckerrohr durch die vom Fluss betriebene Presse geschoben, um an den süßen Saft zu gelangen. Die getrockneten Reste werden gleich zum Erwärmen der großen offenen Kessel genutzt, in denen der Saft in vier Schritten langsam erhitzt wird. Zum Fermentieren kommt die Maische dann in große Betonbottiche. Anders, als in den Whiskybrennereien, riecht es hier sehr angenehm nach warmen Honig und Karamell. In Kupferkesseln findet dann die Destillation statt. Abgefüllt wird der Rum von Hand in die vorher von den Damen unter dem Sonnendach beklebten Flaschen. Einzig das Zudrehen wird von einer Maschine erledigt … Neunzig Menschen sind mit der  Herstellung des hochprozentigen Getränkes beschäftigt. Man sollte zwischen Dezember und April herkommen, um auch die wasserbetriebene Presse in Aktion zu sehen! Da sind wir gerade noch rechtzeitig. Danach ist auf Grenada die Zuckerrohrernte zu Ende. Die Brennerei bezieht dann die Maische von anderen Inseln.

Jetzt dürfen wir die Qualität testen. Mit 75% ist die Variante für den Verzehr auf der Insel ziemlich strong. Zum Mitnehmen im Flugzeug gibt es extra einen 69%igen Rum, da alles über 70% als explosiv gilt … und nicht im Flieger mit darf.

Holla Bolla, da wird der Mundraum gleich desinfiziert. Trotz der Stärke sickern die vielen Aromen langsam durch die Zunge.

Auf dem Rückweg nehmen wir uns etwas Zeit in Grenville. Nach dem kräftigen Rumtasting brauchen unbedingt ein kleines Mittadessen. Grenville ist die zweitgrößte Stadt Grenadas. Von der Seeseite wird die Stadt von einem großen Korallenriff geschützt, was allerdings das Seegras nicht daran hindert, bis ans Ufer zu gelangen. Dort lagert es sich in breiten Schichten an und verbreitet beim Verrotten seinen unangenehmen Geruch …

Direkt am Hafen ist der kleine Fischmarkt. Viele bunte Fische in allen Größen werden zum Verkauf angeboten. Da wir noch einen langen Rückweg vor uns haben, verzichten wir lieber.

Uns fallen viele sehr arme Menschen in der Stadt (vor allem in der Nähe von Geschäften) auf, die ausgemergelt um ein paar Münzen betteln.

Hupend schlängelt sich der Verkehr mitten durch den Ort. Wir erkennen einige bunte Lädchen wieder, an denen wir vorher mit dem Bus vorbeifuhren. 

Uns spricht die enge, quirlige Stadt nicht so an. So sitzen wir nach dem Essen schon wieder im Bus und genießen die Fahrt zurück in die Hauptstadt. Jetzt Kaffee und ein Eis, das wäre was. Auf der Suche nach einem passenden Lokal schlendern wir durch die Straßen. Magisch angezogen werden wir vom House of Chocolade. Dass es hier das beste Eis gibt bestätigt uns ein Gast „Ihr müsst euch unbedingt ein Eis kaufen!“ empfiehlt er uns. Eiskalten Cacoa-Tea genieß ich dazu. Ganz nebenbei erleben wir eine kleine Führung durch die Geschichte des Kakaos auf Grenada und dürfen knusprige Cacoanibs kosten und zart schmelzende Cacaobutter auf der Haut spüren. Die Menschen in der Karibik scheinen nicht nur hochprozentigen Rum zu mögen. Die hiesige Schokolade enthält 60 bis 100 % Kakao und wird ohne Milch hergestellt. Für den besonderen Geschmack werden Gewürze, wie Muskat, Minze oder Ingwer hinzugegeben. Mein Favorit ist die 60 %ige Muskatschokolade. Unser Besuch hier hat sich also nicht nur kulinarisch gelohnt …

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