The Blowhole

Die Zeit am Ankerplatz vergeht wie im Flug. So langsam entwickeln wir Routine, wie schon lange nicht mehr. Wir kennen uns schon etwas aus, müssen nicht mehr suchen, wo man einkaufen, Wäsche waschen oder Müll entsorgen kann und können Neuankömmlingen Tipps geben. Unsere Woche wirkt fast so strukturiert, wie im Alltag zu Hause. Hier in der Bucht ist irgendwie jeden Tag etwas los. Montags fahren wir zum Einkaufen in die Stadt, dienstags Wäsche waschen, mittwochs ist Farmer’s Market in der Clarkes Cort Marina und 1$Wings-Tag in Le Phare Bleu mit Poolbad, donnerstags Jam Session in Nimrods Bar, freitags Pizzaabend auf Hog Island und sonntags gibt’s dort Burger … Und zack ist wieder eine Woche rum und wir haben noch nicht einmal am Boot etwas gemacht. Nein, unser Boot ist nicht nach einem Jahr schon kaputt. Aber wie bei einem Haus gibt es immer etwas zu tun. Mal muss eine Fuge neu eingerichtet werden und ein anderes mal tropft der Wasserhahn … 

So kann das nicht bis November weitergehen. Täglich studieren wir genau das Wetter. Seit Beryl so dicht an uns vorüber gezogen ist, sind wir ein bisschen hier im Süden Grenadas festgewachsen. In diesem Monat hat sich nur einmal östlich von uns eine tropische Depression gebildet. Zu unserem Glück zog sie nach Norden weiter, Richtung Bahamas und Florida  … Die Meteorologen warnten dieses Jahr auf Grund des ungewöhnlich warmen Atlantiks vor einer sehr aktiven Hurrikansaison und wir sind etwas unsicher.

Wenigstens einmal in der Woche planen einen Ausflug auf der Insel, um Grenada besser kennen zu lernen.

Ganz in unserer Nähe soll es ein Blowhole geben, aus dem die Brandung nur so heraus sprüht. Zusammen mit Susanne und Michael von der MaLu und der Endless-Summer-Family treffen wir uns in Le Phare Bleu. Von dort geht es zunächst die Straße entlang. Auf einer kleinen Brücke haben wir einen guten Blick über die Egmont Bay, in der die MaLu sich vor Beryl versteckt hatte. Der schmale Meeresarm ist fast komplett von Hügeln umgeben und bietet dadurch Schutz vor Wind und Schwell aus fast allen Richtungen. Das Wasser sieht auch heute spiegelglatt aus. Jetzt liegen nur noch ein paar Boote hier. Vor drei Wochen waren in den Mangroven und in der Bucht keine freien Plätze mehr, berichten unsere Freunde.

Kurz hinter der Brücke beginnt ein abenteuerlicher Pfad. Fast hätten wir nicht mal den Einstieg gefunden, schlängelt er sich nun durch das dichte Mangrovengestrüpp. Da wartet auch schon die bis an die Zähne bewaffnete Mückenarmee auf uns, um uns nieder zu stechen. Jetzt bloß nicht stehen bleiben. Der Verlauf des Weges ist eigentlich nur zu erahnen und wir nutzen zusätzlich die digitale Karte. Obwohl wir die Straße hören, können wir durch das dichte Blattwerk nicht hindurch sehen. Thomas erklärt sich zum Pfadfinder und leitet unsere kleine Gruppe sicher aus dem Dickicht. An einem kleinen Strand mit hohen schattigen Bäumen genehmigen wir uns eine Pause. Zwei drittel des Hinweges sind geschafft. Vorbei an exklusiven Häusern mit einladenden aber für uns unerreichbaren Pools laufen wir bis fast zum Südende der Halbinsel. Nach einem weiteren Trampelpfad öffnet sich vor uns der Boden zu einem großen Loch in dem das Meerwasser gluckst. Ziemlich unspektakulär. Obwohl das Meer geräuschvoll an die Felsenküste brandet, liegt das große an zwei Seiten offene Loch still da. Sicher ist es das viele Sargassum, welches das Wasser ruhig hält. 

Trotzdem wirkt dieser Ort magisch. An der Küste finden wir mehrere Felsspalten, die Fontänen in die Höhe sprühen. Die naturbelassene Landschaft hat hier viele Gesichter. Neben dicht belaubten, schmalen Tunneln entdecken wir weich, plüschige Graswege in denen unsere Füße versinken. Donnernde, schäumende Wellen bieten den Sound der schmalen von Riffen umgebenen Landzunge. Wir lassen uns zu einer kleinen Jause nieder und beobachten und genießen die Natur um uns herum. Auf dem Weg zurück erwartet uns ein kleiner Stand mit eisgekühlten Getränken. Der kommt uns gerade recht, denn es ist inzwischen Mittag und die Sonne zeigt mal wieder was sie kann. 

Für die letzten paar Kilometer, wir verzichten lieber auf den unwegsamen und verschlungenen Mangrovenpfad, entern wir einen Bus. Der bringt uns sogar direkt bis Le Phare Bleu Marina. Hier bekommen wir den Eiskaffee bis direkt an den Pool serviert. Was für ein Luxus. Wir genießen das zwar warme aber dennoch erfrischende Süßwasser, bis unsere Hände und Füße ganz schrumpelig sind. Etwa 10 Kilometer haben wir bei etwa 32 Grad und 70% Luftfeuchtigkeit geschafft.

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