Canouan, die Schildkröteninsel

Jetzt waren wir fast vier Wochen mit Anne und Stefan von der SY Mokendeist unterwegs. Da sie die Hurrikansaison in Martinique verbringen wollen und wir lieber weiter im Süden, trennen sich unsere Wege Anfang Juni. Am Vorabend gehen wir noch einmal gemeinsam in Mac‘s Pizzeria. Kräftige Regenschauer wollen es zwar verhindern aber wir finden eine Lücke zwischen zweien und sitzen dann doch trocken im Lokal. 

Der Morgen versucht genau so, die Abreise zu vermiesen. 

Die Mokendeist ist zuerst startklar und kommt auf einen Abschiedsgruß dicht an uns vorbei. Schön war’s mit den Beiden. Ende des Jahres treffen wir uns ganz bestimmt wieder, um gemeinsam in den Norden zu segeln …

Eine halbe Stunde später sind wir auch klar. Wir ziehen den Anker aus dem Meeresboden und fahren nach Süden. Unser „Ole“ macht auf dem Weg Wasser und beweist, dass es es auch auf dem Steuerbordbug schafft. Einfach toll unser kleines Wasserwerk!

Beim Ausfahren aus der großen Bucht versuchen wir etwas näher an „Moonhole“, direkt in den Fels gebaute Villen, heran zu kommen. Zu Fuß war leider kein Weg möglich, da es gut abgeschirmt ist. In den Neunzehundertsechszigern hatten dort zwei amerikanische Aussteiger versucht, besondere Feriendomizile zu erreichten … Die wie Ruinen wirkenden Villen sehen jedenfalls sehr spektakulär aus und können wohl teilweise noch gemietet werden.

Unterwegs streifen wir beeindruckend dunkle Regenzellen, die an ihrem Rand ordentlich Wind mitbringen. 

Kurz vor unserem Ziel scheint das Wasser zu kochen. Heavy Waves steht in der Seekarte und wir fahren plötzlich, wie mit angezogener Handbremse. 

Gegen 1700 Uhr lassen wir unseren Anker in der großen Charlston Bay von Canouan fallen.

Nur etwa 2000 Menschen leben auf der 7,6 Quadratkilometer großen Insel, die „Can-Ah-Wan“ ausgesprochen wird. Der Name wurde ihr von den Ureinwohnern gegeben und bedeutet Schildkröte. 

Im 16. Jahrhundert kamen die ersten Europäer auf die Insel. Es wurde erst Zuckerrohr, später Baumwolle angebaut. Heute lebt die Insel überwiegend vom Tourismus. Der gesamte Norden beherbergt ein Luxusressort mit Golfplatz. Sicher steht dieses Gebiet im Kontrast zum eher trockenem Rest der Insel. Im Süden gibt es einen kleinen Flughafen, auf dem wohl sogar eine Boing 737 landen und starten kann. Die gesamte Inselbevölkerung lebt rund um die Charlston Bay. 

Als wir hier landen, findet gerade das spektakuläre „One-Fest“ statt. Der gesamte Ankerplatz wird bis tief in die Nacht mit lauter Musik beschallt. Da sparen wir uns glatt die 50 EC Eintritt und bekommen um Mitternacht ein wunderbares Feuerwerk geboten. Am Sonntag findet im strömenden Regen eine Jollenregatta statt. Die kleinen bunten Segel leuchten richtig vor den schwarzen Wolken. Erst am Nachmittag schaffen wir es trocken an Land zu fahren, um uns ein bisschen umzusehen. In unserem Reiseführer (von Bernhard Bartholmes) ist die Insel als Armenhaus der Karibik beschrieben. Das konnten wir uns gar nicht wirklich vorstellen. Solch große luxuriösen Ferienresorts, der Golfplatz und die neue Marina für Megayachten müssen doch Geld auf die kleine Insel bringen … 

Die Hütten der meisten Bewohner sehen tatsächlich mehr als bescheiden aus. Die bunten Farben sind längst verblichen. Überall am Straßenrand und in den Büschen liegt Müll, von der Plastikflasche bis zum Kühlschrank. Bei unserem zweiten Ausflug auf der Insel treffen wir auf zwei Müllsammler, die zumindest die Straße frei räumen. Klar gibt es auch schöne Ecken und tolle große Häuser … Atemberaubend ist auf jeden Fall der Ausblick vom Hügel. Die Insel ist fast komplett von Riffen umgeben, an denen sich das hellblaue Meer bricht. 

Auf unserem Weg treffen wir neben zahlreichen Ziegen, Hühnern und äußerst frechen Hunden, immer wieder kleine Landschildkröten. Diese laufen gelassen die Straße entlang oder rascheln im Unterholz. 

Am Ende unseres Rundgangs folgen wir der lauten Musik in das Soho Beach House. Was für ein Kontrast zu dem, was wir eben sahen. Hier ist alles sauber, chic, luxuriös und üppig grün, eben Postkartenkaribik. Scheinbar laufen mehr Angestellte als Gäste herum. Ganz unauffällig folgt uns gleich eine zierliche Dame in weißer Uniform. Plötzlich ist sie weg und stattdessen spricht uns ein beeindruckend, großer Mann in blauer Uniform an. Da wir weder Hausgäste, noch Eintrittzahler sind müssen wir gehen. Der Herr passt auch auf, dass wir wirklich den kurzen Weg über den Strand nehmen. Das Geld bleibt also lieber unter sich. Neben dem Fähranleger findet die Party der normalen Menschen statt. In der gemütlichen bunten Strandbar riecht es herrlich nach Gegrilltem. Aber die Mucke ist so laut, dass wir sie doch lieber vom Boot aus genießen. Heute gibt es Bordküche. 

Am Sonntag gibt es wieder kostenfreie Beschallung, aber um 1930 Uhr ist es plötzlich still in der Bucht, als wäre Stromausfall. Das Festival scheint vorbei zu sein. :o))

Hinter unserem Boot gibt es einen Felsen, auf dem immer Pelikane und andere Seevögel sitzen. Wir ziehen unsere Flossen an und schwimmen mal dort hin. Das wird ein richtig schöner Unterwasserspaziergang. Die Vögel müssen sich quasi vom Sofa nur in die Speisekammer fallen lassen. Dort gibt es so eine große Auswahl an Fischen in allen möglichen Größen. Auch im Riff ist ordentlich Leben zu entdecken.

Mit Doris und Hubertus von der SY Antares, wir haben sie schon in Bequia getroffen, verleben wir ein paar schöne Stunden. Bei ihnen können wir auch etwas Joghurt, zum Anlegen einer neuen Kultur, gegen ein Gläschen von Mamas leckerer Pflaumenmarmelade eintauschen. Denn unser Joghurt war vor zwei Wochen plötzlich Hüttenkäse geworden …

Die teilweise windstillen, fast 30 Grad warmen Nächte machen uns echt zu schaffen. Wir krabbeln jeden Morgen förmlich zerflossen aus dem Bett. Da wird es nun wirklich Zeit, einen der von zu Hause mitgebrachten Lüfter anzubringen. Leider erwischt Thomas einen, der im Betrieb vor sich hinklackert. Nun müssen wir entscheiden, ob wir uns bewegte Luft oder Ruhe zum Schlafen wünschen …

Dann ist mal wieder Putztag. An unserem Unterwasserschiff hat sich in sechs Wochen wieder ein kleines Biotop gebildet. Bei den warmen Temperaturen wächst das Zeug wie Hulle. Glücklicherweise lässt es sich leicht herunter schaben. Jeder von uns nimmt sich eine Seite vor, während der andere von oben sichert und immer ausreichend Atemschlauch und Sicherungsseil zur Verfügung stellt. Es ist schon schön, wenn man sich blind aufeinander verlassen kann! Mitten in meiner Schicht kommen zwei kleine Fische zu Schmaus vorbei. Gerade so groß, dass sie perfekt für ein Abendessen für uns wären. Die beiden Schlingel kommen so dicht, dass sie mich fast berühren. Wenn ich aber meine Hand öffne, um zuzugreifen, sind sie blitzschnell wieder weg …

Nach 2 Stunden ist die Seestern wieder blitzblank …

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